Publikum
erlebt Balanceakt zwischen zwei Welten
SPRINGE. Dicht an dicht sitzen etwa 75 Besucher im Saal des Amtsgerichts
Springe. Doch es war keine Gerichtsverhandlung, die dieses große Interesse
weckte, sondern ein Auftritt des Künstlers Professor Hans Martin Ritter.
„Wir haben uns sehr gefreut, dass wir diesen ganz besonderen Gast
für unsere Lesungsreihe gewinnen konnten", sagte Karin Müller-Rothe,
Vize-Vorsitzende des Kulturkreises Springe am Donnerstagabend.
Der in Berlin lebende Ritter gilt als einer der besten gestischen
Sprecher. Seit mehr als 20 Jahren bildet er Schauspieler aus. Andreas
Erbslöh, Vorstandsmitglied des Kulturkreises, sagte: „Er bildet auch
Darsteller für die ARD und das ZDF aus."
Bei seinem Auftritt in Springe trug Ritter ausgewählte Texte mehrerer
Schriftsteller vor, unter anderer von Rainer Maria Rilke. Heinrich
von Kleist und Bertolt Brecht. Im Mittelpunkt stand die Frage: Was
ist Wirklichkeit im Theater - und was ist Schein? „Das Theater ist
ein besonderer Balanceakt zwischen zwei Welten", sagte Ritter, „zwischen
der Figur in einer Geschichte und dem Schauspieler, der diese verkörpert".
Um dies dem Publikum deutlich zu machen, trug Ritter alle Texte frei
vor. Diesen überzeugenden Auftritt belohnten die Besucher immer wieder
mit lautstarkem Beifall. chk |
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Hannoversche
Allgemeine Zeitung, Deister-Anzeiger
19. März 2011 |
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Hans
Martin Ritter und seine literarische Performance über das Theater
von Irmgard Richter-Brown
Der Kulturkreis Springe hatte Hans Martin Ritter und uns am 17. März
eingeladen. Er sollte uns das Abenteuer: Theater näher
bringen, und viele, viele kamen. Der Saal des Amtsgerichts war bis
auf den letzten Platz besetzt.
Ich konnte mir unter einer literarischen Performance so
recht nichts vorstellen. Wird es eine Lesung sein, oder wird Theater
gespielt? Ich war gespannt! Und dann betrat Hans Martin Ritter aus
Berlin den Saal - Professor, Theaterpädagoge, Sprechwissenschaftler,
Bühnensprecher und -sänger, Pianist, Regisseur, Soloschauspieler ......
Graue Hose, graues Hemd, schwarzes Jackett, Brille und, als einziges
Requisit, ein Buch in der Hand.
Also doch eine Lesung, dachte ich. Er stellte sich vor die Schranken
des Gerichts, gab uns eine kurze Einführung, öffnete das Buch und
fing an zu lesen - drei bis vier Sätze nur. Dann legte er das Buch
zur Seite, und alles, was in den nächsten fast zwei Stunden folgte,
entsprang nur seinem Kopf. Einfach großartig!
Er begann mit Über das Marionettentheater von Heinrich
von Kleist. Er war der Tänzer und die Marionette, seine Hände hingen
an Bindfäden, er machte den schwierigen Text so lebendig, dass alle
gebannt an seinen Lippen hingen. Es ging um die innere Präsenz und
Grazie im Augenblick des Handelns. Danach tänzelte er
graziös als die kleine Muz von Alfred Polgar über die
Bühne" des Gerichts. Und dann Rainer Maria Rilkes Maskenspiele,
worin Gesicht und Maske ununterscheidbar ineinanderwachsen. Die Figur
verliert, verkleidet, sich selbst hinter der Maske, bis sie bewusstlos
zusammenbricht.
Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still war es im
Saal. Fast atemlos lauschten wir der dramatischen Geschichte und sahen
gebannt dem wunderbaren Spiel des Mannes zu, der vor dem imaginären
Spiegel seine Verwandlungen vollzog. Es folgte ein Kleines Märchen"
von Robert Walser und dann Blut und Sand von George Tabori.
Letzteres spielt im Zirkus und ist komisch. Ritter und Tabori brachten
das Publikum zum Lachen über den kleinen Jungen, der sich vor Aufregung
in die Hose macht, als die Trapezkünstlerin auf die Plattform klettert.
Beim Salto Mortale stürzt sie ab und kracht durchs Netz. Für Jahre
glaubt der Junge, dass es im Zirkus immer so ist: Eine Frau
klettert hoch, lächelt, die Zuschauer machen sich in die Hose, sie
schwingt los und fällt, jede Nacht, um dort unten in einer Pfütze
von Blut und Sand zu liegen.
Nach der Pause trug Hans Martin Ritter das traurige Gedicht Der
Tod des Schauspielers vor, das den realen Tod auf der Bühne
zum Inhalt hat. Es wurde geschrieben von dem leider so früh verstorbenen
Georg Heym. Danach folgte Die Bestie von Bertolt Brecht,
wieder eine schauspielerische Glanzleistung von Ritter. Hier spielte
er in verteilten Rollen in einem russischen Filmstudio den Filmschauspieler,
Regisseur und armen Mann aus dem Volke, der dem Despoten, der Bestie,
ähnlich sieht. Es geht im Wesentlichen um den Widerspruch zwischen
Kunstfigur und authentischer Person.
Das Abenteuer: Theater endete mit einer kurzen und wieder lustigen
Geschichte von Alfred Polgar Natur und Kunst, worin eine
schwarz-weiße, lebendige Kuh in einer Kunstkulisse eine Rolle spielte.
Der Beifall wollte nicht enden, so dass uns Hans Martin Ritter noch
eine schöne, poetische Geschichte von Hans Christian Andersen schenkte.
Sie handelte von dem tragisch verliebten Clown Pulcinella, über den
die Menschen lachten, auch wenn er weinte.
Danke, Hans Martin Ritter, für diesen wundervollen Abend! |
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Bericht
einer Zuschauerin
http://www.myheimat.de vom 20.03. 2011
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