JAGDSCHLOSSKONZERT

Sonntag, 27.4.2003, 19.30 Uhr

NEW ART
SAXOPHONE QUARTETT


Klaus Pfister (Sopransaxophon)
René Straub (Altsaxophon)
Dabiel Chmelik (Tenorsaxophon)
Erich Strehler (Baritonsaxophon)

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1991 in Basel gegründet, repräsentiert das New Art Saxofon Quartett eine neue Generation von Saxofonquartetten,
die technische Perfektion mit höchsten Ansprüchen an Musikalität und Interpretationverbindungen.

Das Ensemble gewann 1998 den wichtigsten nationalen Kammermusikwettbewerb, den Deutschen Musikwettbewerb in Bonn.

2001 wurde es mit dem Förderpreis des Deutschlandfunks ausgezeichnet.

„Rezital“

Matthew Locke (1630-1677)
Suite in d-moll
Fantasie
Courante
Ayre
Sarabande

Antonin Dvorák (1841-1904)
Quartett o. 96 ("Amerikanisches)
Allegro ma non troppo
Lento
Molto vivace
Vivace ma non troppo

Gavin Bryars (*1943)
Alaric I or II

Samuel Barber (1910-1981)
Adagio aus Streichquartett Nr. 3

George Gershwin (1898-1937)
Three Songs
Liza
Rialto Ripples
Oh, Lady be Good

Eigentlich verbindet man mit dem Instrument Saxophon keine Kammermusik im klassischen Sinn, sondern Unterhaltungsmusik im Pop- und Jazzbereich. Oder umgekehrt: ohne das von Adolphe Sax um 1840 entwickelte Instrument mit der der Oboe angenäherten Klappenmechanik und dem großen Tonumfang von zweieinhalb Oktaven würde besonders dem Jazz doch einiges fehlen. Dabei wurde das neue Instrument durchaus schon 1844 im Sinfonieorchester eingesetzt; einige Werke sind speziell für dieses Instrument geschrieben, z.B. von Berlioz, Bizet, Debussy und Villa-Lobos. Richard Strauss setzte in seiner Symphonia Domestica von 1904 ein Saxophonquartett ein, und auch in Ravels Bolero erklingt der warme samtige Klang von Sopran-, Alt- und Tenorsaxophon.

Eine Suite von Matthew Locke, dem Vorgänger Henry Purcells als „Composer for the violins" am englischen Hof, von einem Saxophonquartett zu hören, wird besonders spannend sein und deutlich machen, dass auch die Tanzmusik des 17. Jahrhunderts durchaus ‚swingt'.

Das Streichquartett F-Dur op. 96 von Antonin Dvorák ist in dessen amerikanischen Ferienort Spilville, einer tschechischen Siedlung in Iowa, entstanden; uraufgeführt wurde es 1844 in Boston. Von allen Streichquartetten, ja von allen Kammermusikwerken Dvoraks ist es das kürzeste und einfachste; beides hat, zusammen mit der außerordentlichen Frische und Einprägsamkeit der Themen und der gleichbleibenden Inspiriertheit des Ganzen, zu seiner Popularität beigetragen. Ob die Melodik des Werkes wirklich „amerikanisch", d.h. von der Volksmusik und volkstümlichen Musik der Schwarzen oder gar der Indianer beeinflusst ist, wie immer wieder behauptet wurde, steht dahin: die melodischen und rhythmischen Eigenarten wie Pentatonik, natürliches Moll und Synkopen können ebenso gut der tschechischen Volksmusik entstammen, die Dvorak bei seinen Landsleuten in Spilville besonders nahe sein musste. Und diese Eigenarten legen auch nahe, den Klang eines Streichquartetts auf den von vier Saxophonen zu übertragen.

„He is one of the few composers who can put slapstick and primal emotion alongside each other." (Michael Ondaatje über Gavin Bryars.) Gavin Bryars, 1943 in Yorkshire geboren, begann seine musikalische Laufbahn in den frühen Sechzigern als Jazzbassist, arbeitete danach eine Zeit lang mit John Cage zusammen und lehrte dann an den Universitäten von Portsmouth und Leicester. Er komponierte sowohl für Theater und Ballett als auch für den Konzertsaal. Bis jetzt gibt es drei abendfüllende Opern von ihm.

Das Saxophon ist ihm als Jazzinstrument vertraut, aber er hat auch in seiner Oper Medea Saxophone statt Oboen eingesetzt. Alaric I or II ist benannt nach dem Namen des Berges in Südwestfrankreich unweit des Chateaus, in dem Bryars den Sommer 1989 verbrachte, und geschrieben für zwei Sopransaxophone sowie Tenor- und Baritonsaxophon, um, wie Bryars selbst sagt, den Klang des vertrauteren Streichquartetts widerzuspiegeln.

Samuel Barber ist ein amerikanischer Komponist, der schon zu Lebzeiten hohe Anerkennung erfuhr – u.a. erhielt er 1935 den Pulitzer-Preis und 1959 die Ehrendoktorwürde der Harvard University. Die wichtigsten Werke des unermüdlich und erfolgreich Schaffenden kamen an hervorragender Stelle zur Uraufführung, sei es bei den Salzburger Festspielen oder mit renommierten Orchestern in New York, z.B. unter der Leitung von Arturo Toscanini oder Bruno Walter.

Im Gegensatz zu dem professionell und gründlich ausgebildeten Samuel Barber kam George Gershwin aus bescheidenen und musikfremden Verhältnissen. Seine frühe Begegnung mit großstädtischer Unterhaltungsmusik blieb bestimmend für seine Laufbahn. Durch seine Tätigkeit als jugendlicher Gutachter für Tanzlieder bei dem Verlag Reinick & Co., der auch in Berlin publizierte, wurden seine Instinkte für Songs und Tanzschlager entdeckt. Neben den großen Werken wie Rhapsody in blue (1924), Ein Amerikaner in Paris (1928) und Porgy and Bess (1935), in denen er sinfonische Musik und den Jazz kongenial miteinander verband, schrieb er Songs, von denen viele durch populäre Sänger und Instrumentalisten zu Evergreens und Jazzstandards wurden.

Karin Müller-Rothe


 

Bill Clinton ist begeistert – und der Springer Kulturkreis auch
„new art saxophone quartet“ im Jagdschloss / Klassik, Jazz und Tango / Vorletztes Saisonkonzert



Aufnahme: Huppert

Springe (zy). “Wir hatten noch nie ein Saxophon bei einem Jagdschlosskonzert, und jetzt gleich vier.” Mit diesen Worten begrüßte der Vorsitzende des Kulturkreises, Waldemar Wandel, die Gäste, die in den Kaisersaal gekommen waren, um das “new art saxophon quartet” zu erleben.

Klaus Pfister (Sopransax), René Straub (Altsax), Daniel Chmelik (Tenorsax) und Erich Strehler am Baritonsaxophon präsentierten Werke von Matthew Locke, Antonin Dvorák, Gavin Bryars, Samuel Barber und George Gershwin. Das vielfach preisgekrönte Quartett – es erhielt u.a. den Förderpreis des Deuschlandfunks – durfte seinerzeit sogar als einziges deutsches Ensemble vor dem amerikanischen Ex.-Präsidenten Bill Clinton aufspielen.

Der war sicherlich nicht minder begeistert wie das Springer Konzertpublikum. Gerade die klassischen Stücke zum Eingang des Konzertabends waren von ausserordentlicher Eindringlichkeit, reizten zum Vergleich mit einem herkömmlichen Streichquartett und hinterließen, gleich ob in eher streng anmutenden Passagen oder der lebensfrohen, voll Virtuosität dargebotenen Sarabande, einen beeindruckten Zuhörer.

Absolut überzeugend auch Dvoráks Quartett op. 96, das “Amerikanische”, ein Hauch antizipierter Jazz, Lautmalerei vom Feinsten, fast noch eindringlicher als in traditioneller Instrumentation.

Immer mehr näherten sich die vier jungen Saxophonisten dem eigentlihen Einsatzfeld ihres Instrumentes an. Samuel Barbers “Adagio” setzte zweifellos einen, wenn nicht den Höhepunkt des zweiten Teils, quasi eine populäre Dreingabe bildeten Gershwins “Liza”, “Rialoto Ripples” und natürlich “Oh,Lady be good”.. Als Zugabe erklang dann ein Tango von Astor Piazolla.

Eine solche Häufung populärer Musikelemente ist selten im Springer Konzertprogramm. Doch schon beim Sommerkonzert am 22.6. auf der Wiese hinterm Schloss ist mit den “Jackson Singers” erneut Populäres angesagt. Man darf sich freuen.

Neue Deister Zeitung, 30.4.2003:

 

Gestaltung: Andreas Erbslöh